Zur Geschichte Liederbachs
Lage und Landschaft
Das Dorf Liederbach – seit der Gebietsreform 1972 ein Stadtteil von Alsfeld liegt südwestlich der Stadt nur wenige Kilometer entfernt, 295 m ü. d. M. und zählt 533 Einwohner (Juli 1993). Das locker bebaute Haufendorf, das seit jeher auf eine eigene Kirche im Dorfzentrum verzichten musste, ist eine bäuerlichgewerbliche Mischgemeinde mit einem inzwischen starken Anteil an rein städtisch ausgerichteter Wohnbebauung, die vor allem am Südhang des Holzberges entstanden ist.
Der dörfliche Siedlungskern hat sich abseits großer Handelsstraßen am gleichnamigen Bach längs der Hauptdorfstraße heute Merschröder Straße –
in beide Richtungen entwickelt mit einigen Schwerpunkten von Hofanlagen in den Fluren „Der Hof“, „Im Raabgarten“, „Am Dorf“, beim „Eisenhäuschengarten“ und „Am Thoracker“. Dörflicher Mittelpunkt scheint aber das Dreieck gewesen zu sein, wo die Gemeindehäuser die alte Schule und das Backhaus – standen, durch den Bach deutlich getrennt von der einstigen adligen Burganlage der
Herren von Liederbach.
Das in der Niederung des Liederbachs liegende Dorf ist eingebettet zwischen den nördlichen Ausläufern des Vogelsberges mit den aus Basalt aufgebauten Höhenzügen des Häuscheskopfs (414,9 m), des Baumgartskopfs (423,2 m) und des Gänsbergs (364,5 m) im Osten, der Rabenstruth (380,5 m) und dem Romröder Berg (350 m) im Westen. Als markanter Landschaftsteil wird ein weiterer in der Mitte der Gemarkung verlaufender Höhenrücken von der Heidenkammer (374 m) über den Hainberg (340,2 m), zuletzt steil abfallend bis fast an das Dorf, von den beiden lieblichen Tälchen des Krebsbaches und des Liederbachs eingeschlossen. Während der Krebsbach von der Heidenkammer und vom Junkersgrund beim Merschröder Teich her kommt, entspringt
der Liederbach im quellenreichen Oberröder Grund – der lokalen Vorstellung nach aus der Quelle unterhalb Oberrods – mit Zulauf aus der Grünau oberhalb des schmalen Wiesentals, in dem auf einer kleinen Anhöhe das einsam gelegene Kirchlein von Oberrod aufragt, fließt weiter durch den namengebenden Ort und wurde nördlich von Liederbach im Jahre 1350 mit landgräflicher Genehmigung in ein neues Bett zum Nutzen der Alsfelder Bürger nach Alsfeld umgeleitet. Um diesen Liederbach, der nach hiesigem Sprachgebrauch „Die Lärrebach“ genannt wird, ranken sich manche Geschichtchen.
Gemarkung und Flurnamen
Liederbach besitzt eine 725 ha große Gemarkung, begrenzt von den Nachbargemeinden Alsfeld, Altenburg, Hopfgarten, Strebendorf, Romrod und Leusel. Davon entfallen über 300 ha allein auf den Wald, der vor allem die genannten Höhenrücken mit den z.T. steilen Abhängen im Süden und Westen einnimmt. Längs der beiden Bäche erstreckt sich natürliches Grünland, während die mit Löß bedeckten offenen Flächen zum Alsfelder Becken hin als Ackerland genutzt werden. Nach der Parzellenkarte der Gemarkung Liederbach aus dem Jahre 1849 umfassten die Hofflächen 7, die Gärten 25,3, das Ackerfeld 921,5, die Wiesen 508,9, der Wald 1317,8, die Wege, Bäche usw. 118,1, die gesamte Gemarkung somit 2898,8 Großh. Hess. Morgen. Aus dem im gleichen Jahr angelegten Grundbuch der Gemeinde Liederbach wurden die folgenden Flurnamen in ihrer damaligen Schreibweise entnommen und nach Sachzusammenhängen gegliedert:
- Hof, Oberhof, Riedhof, Am Kirchhof
- Im Bruchgarten, Im Raabgarten, Im Steinbügelsgarten, Eisenhäuschengarten, Sieggarten (Siechgarten), Brumbelsgärten, Im Neuengarten, Am Berggarten, Im Biengarten, Im Lotzengarten, Der Sämenlappen
- Im Steinbügelsfeld, Burgfeld, Im Hübelfeld, GalgenfeldLiederbacher Galgenhügel, Im Holzbergfeld im Loch, Im Hainbergfeld, Im Poppenfeld Am Thoracker, Am Langengartenacker, Die Rainäcker, Die Leimenäcker, Die krummen Äcker, Burgwiesenacker, Siegacker (Siechacker), Am Schwarzacker, Zollacker, Trieschacker, Am Kreuzacker, Reichacker, Mergenacker
- Die Viehwiese, Die Gänswiese, An der Seemenwiese, Huhnbachswiesen, An der Langwiese, Die Riedwiese, Die Teichwiese, Bienwiese, Walterswiese, Heidtwiesen, Mergenwiese; Gänshuth, Die Huth, Der Kuhstriemen, Katzentriesch, Bockstriesch Vor dem Berg bei den Gallen, Vor dem Hainberg, Der Hainberg, Vor dem Gänsberg, Am Holtzberg, Im Berg, Am Rödenberg, Vor dem Poppenberg, Am Geräusch
- Ottersbach, Adersbach, Am Teich, Am Graben, Die Gall Ottersbach, Adersbach, Am Teich, Am Graben, Die Gall
- Im Oberröder Grund, Im Lingengrund, Im Loch, Im Grund, In der Grünau, Im Dietenrödergrund, Am Bruch
- Leusler Wald, Oberröder Wald
- An der Hohl, Am obersten Hohlweg, Am Billertshäuser Pfad, An der Chaussee, Im Berg an der Chaussee, Am Hohlweg
- Sieggarten (Siechgarten), Oberrod, Nonnenstück, Oberröder Wald, Am Kirchhof, Oberröder Grund, Pfaffenleid
- In der Heidenkammer, Galgenfeld, Eisenhäuschengarten
Name
Das Dorf Liederbach ist nach dem gleichnamigen Bach benannt worden. Der Name bedeutet „der rauschende Bach„‚.Quellgebiet der Liederbach Er taucht erstmals auf in einem um 1160 aufgeschriebenen Verzeichnis für eine Grenzbeschreibung des Zehntgebietes der Kirche von Schlitz, datiert 812, bzw. des Zeller Kirchengebiets, datiert 825. Der im Codex des Fuldaer Mönches Ebertzard erwähnte Name lautet „Liderbach“. Nach der Auflösung der Grenzbeschreibungen nach Haas werden als Grenzpunkte noch der Hainberg („Hegeneberc“) und die unter dem Namen „Gleichen Hügeln“ („Glihenbuchelen“) gemeinten Baumgartskopf und Häuscheskopf genannt). Obwohl nach der Endung des Ortsnamens auf -bach mit der Entstehung der Siedlung in der Zeit der Landnahme und des Landausbaus im 8. und 9. Jahrhundert zu rechnen ist, bleibt es unklar, ob sich der für die Jahre 812 bzw. 825 belegte Name auf den Ort oder auf den Bach bezieht. Wahrscheinlich ist der Name des Ortes vom Namen des Baches abgeleitet.
Das Bild zeigt eine original Wasserwaage aus Stein die zur Trennung des Wassers in der Krebsbach bei Merschrod eingesetzt wurde.
Bronzezeitliche Besiedlung
Im Gegensatz zu der Landnahme- und Landausbauzeit des frühen Mittelalters waren bereits in der Bronzezeit (2000-1100 v.Chr. )die Höhenrücken um Liederbach besiedelt gewesen, wie die zahlreichen Hügelgräber und Hauspodeste belegen. Diesen vorgeschichtlichen Zeitabschnitt hat man nach der Bestattungsform für die Toten und nach dem Material ihrer Werkzeuge und Waffen die Hügelgräberbronzezeit benannt. Allein 16 Hügelgräber konnten in der Gemarkung Liederbach festgestellt werden. Sie befinden sich in einer Höhenlage von über 300 m ü. d. M. und gruppieren sich vor allem auf dem Bockstriesch. Als Einzelgräber sind sie auch auf dem Romröder Berg und auf dem Hainberg anzutreffen. Als Bodendenkmäler stehen sie unter dem Denkmalschutzgesetz. Leider sind bereits mehrere Hügelgräber abgetragen bzw. zerstört worden. Sie geben Auskunft über das Leben jener Bewohner der damals meist waldfreien Höhenrücken, auf denen sie Viehhaltung trieben und der Jagd nachgingen. Die an den Hängen unter heutiger Waldbedeckung erkennbaren Ackerterrassen stammen allerdings erst aus dem Mittelalter.
Die Herren von Liederbach
Die Geschichte des Dorfes Liederbach war vom 13. bis zum Beginn des 17. Jahrhunderts stark verbunden mit der Geschichte der Herren von Liederbach. Dieses Adelsgeschlecht hatte sich im Talgrund des Liederbachs eine Burg errichtet, die man der lokalen Tradition nach im sog. Engelhardschen Hof lokalisiert, wo auch noch ein Teich vorhanden ist und aus dem man auf eine Wasserburg schließen könnte. Nach Wagner, den für diese Familie 64 Urkunden aus der Zeit von 1236 bis 1624 zusammengetragen hat, weist das Wappen der Liederbach das im gespaltenen roten Schild vorn einen halben goldenen Adler am Spalt, hinten zwei silberne Balken, auf dem Helm zwei Büffelhörner zeigt, große Ähnlichkeit mit den Wappen derer von Ehringshausen, Gleimenhain, Ruze, Bild in der Elisabeth Kirche in Marburg Wahlen und Hertingshausen auf. Ein Bild des Wappens kann man in der Elisabeth Kirche in Marbung sehen(Bild rechts). Auch am Dorfgemeinschaftshaus in Liederbach befindet sich eine Nachbildung des Wappens in Stein gemeißelt (Erstellt von Gerhard Schmidt aus Liederbach). Dies rückt die Familie in die Nähe freier Reichsritter. 1236 wurde mit Godefridus de Liderbach, der als miles bezeichnet wird, erstmals das Geschlecht urkundlich erwähnt, ebenso 1245. Eckehardus de Liderbach war 1259 Burgmann in Alsfeld. 1263 schenkten Ritter Eckehard von Liederbach und seine Gattin Gertrude ihre Güter zu Alsfeld, Liederbach, Dirsrode,Vockenrod, Ehringshausen, Wolfhain und Lichtenscheid dem Deutschen Orden in Marburg. Damit scheinen die Herren von Liederbach im 13. Jahrhundert Inhaber von Gericht, Zwing und Bann über Liederbach, Dirsrod und Alsfeld sowie über Ehringshausen, ferner im Norden über Vockenrod und im Süden im hohen Vogelsberg über Wolfhain und Lichtenscheid gewesen zu sein.
(Ein Auszug aus dem Buch „Alsfeld und seine Stadtteile“ Text von Dr. Herbert Jäkel. Ich danke Hrn. Gerhard Schmidt aus Liederbach für die Wappenbilder und Hintergrundinformationen)